Bildungsevolution statt Revolution

Wir sprechen hier auf diesem Blog von Bildungsrevolution und wäre ich heute 20, dann wäre dies auch in meinem Sinne.

Was ist eine Revolution…

… und warum erscheint es mir mit 51 Jahren nicht mehr wichtig, einen Missstand mit einer sanften Revolution zu begegnen?

Nun eine Revolution hat für mich nichts Sanftes, sondern eher etwas Starres, die Bilder in meinem Kopf zeigen mir Auseinandersetzung unüberbrückbare Differenzen, die letztlich nur in harten Wortgefechten und mit der Bildung von Fronten einhergeht.

Unstrittig ist: Wir benötigen Veränderung und zwar alle am Bildungsprozess Beteiligten benötigen neue Bedingungen.

Warum?

Weil sich die Erde jeden Tag weiter dreht und verändert. Die Lebenswelt der Menschen verändert sich und deshalb ist die Veränderung in allen Bereichen des Lebens eine notwendige Anpassungsleistung an eine veränderte Umwelt.

Also eine Evolution – eine Bildungsevolution ist, was wir meiner Meinung nach benötigen.

Freie Schulen haben ihre Genehmigungsberechtigung auch um dem staatlichen Schulsystem zu zeigen, ob und wie es anders geht. Sie sind Experimente in der Bildungswissenschaft.

Nachdem nun sehr viele freie Schulen wundervolle Menschen hervorgebracht haben, frage ich mich woran liegt es, dass die geglückten Experimente in den Kultusministerien keine Beachtung finden.

Die Antwort ist so einfach und doch so schwierig zu verändern, denn es liegt an uns selbst uns zu verändern. Ich möchte mich hier auf Uta Heinrich beziehen, die in einem der letzten Blogartikel Wenn Erwachsene dem Lernen im Weg stehen so deutlich das Spannungsfeld beschrieben hat, in dem sich Eltern befinden, die neue Wege gehen.

Das Spannungsfeld zwischen dem Bedürfnis sichere Erkenntnisse über den Wissensstand des Kindes zu haben und dem Vertrauen in die natürlichen Entwicklungspotenziale des Menschen.

Lernen ist ein Grundbedürfnis, das ist sicher seit der Beobachtung Maria Montessoris 1896 in ihrer Zeit als Assistenzärztin in der psychiatrischen Klinik. Dort beobachtete sie die sogenannten “idiotischen Kinder”, die ihr Essen zu Kügelchen formten,  um Erfahrungen zu machen und das, obwohl sie Hunger hatten.

Für Maria Montessori stand fest: Lernen ist ein so wichtiges Bedürfnis wie schlafen, essen und zur Toilette zu gehen.       

Was hält uns davon ab diesem Bedürfnis optimale Bedingungen zu geben?

Es ist ganz einfach.

Wir haben selbst nie erlebt, dass dieses Bedürfnis zu dem Zeitpunkt, zu dem wir es verspürten, ernst genommen wurde.

Unsere Erfahrungen in den ersten 6 Jahren entsprach nicht den Erfahrungen der freien Kinder eines Montessorikinderhauses oder einer anderen Einrichtung, die uns freies Lernen ermöglicht hätte. Dadurch fehlt uns die positive Erfahrung und das Vertrauen in die natürlichen Entwicklungsprozesse.

Die Angst, die Sicherheit durch Kontrolle zu verlieren und damit Schaden für eine ganze Gesellschaft anzurichten, steckt tief. Die Angst, unsere Kinder könnten versagen, sie könnten in Armut versinken, mit dem Leben nicht zurechtkommen, wenn wir ihnen zu viel Freiheit geben.

Dabei spreche ich jetzt von mir und meinen Erfahrungen.

Wenn Du, lieber Leser, dies anders erfahren hast, dann Hurra! und bitte werde nicht müde, Deine positiven Erfahrungen mit freier Bildung weiter zusagen.

Was können wir tun, um dies zu ändern?

Es ist leicht und schwer zugleich:

Leicht weil es nur darum geht die Einstellung zu den Ansprüchen unserer Eltern, Lehrern und der Gesellschaft zu verändern, schwer weil das heißt zu vergeben, dass sie nicht vertrauen konnten in unser Potenzial, welches wir von Geburt an in uns tragen.

Sobald jeder von uns beginnt, sein Potenzial zu leben, sich zu befreien von Attributen die man uns gab und Versagensängsten, haben wir einen Teil unserer Bildungsevolution vollbracht.    

Ich bin heute erwachsen und blicke zurück auf 27 Jahre Lebenserfahrung ohne staatlich verordneten Lehrplan.

Das  Resümee – meiner Selbstbildung der letzten 27 Jahre –  Besuch von etlichen Kursen für Eltern in Bezug auf Erziehung und Bildung, Selbststudium der Montessoripädagogik, Diplom für ganzheitliches Lernen auf Basis der Montessoripädagogik und etliche andere Seminare und Weiterbildungen im Bereich Persönlichkeitsentwicklung und Wohlbefinden.

Einfach nur, weil ich es wollte!

Liebe Bildungspolitiker, liebe Leser, schaut mal, in eurem Herzen und erinnert Euch an eure Kindheit –  was hätte Euch interessiert? Was wolltet Ihr werden? Und was hat Euch davon abgehalten?

Erfolgreiche freie Bildung für Menschen, die in dieser veränderten Lebenswelt, in der wir keine sicheren Arbeitsplätze mehr haben, in der wir erfinderisch sein müssen, um die Umweltsünden der vergangenen Jahrzehnte zu bewältigen, in der wir lernen dürfen mit den elektronischen und digitalen Möglichkeiten so umzugehen, dass wir uns nicht selbst schaden,eine solche Bildung braucht:

Vertrauen statt Kontrolle

Möglichkeiten, kreative Prozesse zu erlauben   

Vorbilder

Fangen wir an, uns zu entwickeln und werden die Vorbilder,welche die nächste Generation dazu befähigt, die Probleme ihrer Zeit mit Leichtigkeit zu meistern.

¹Rita Kramer, Biographie Maria Montessori, Fischer Taschenbuch, 6. Auflage 2004

Seite 71 Zeile 23.

Dorothea Claßen

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